Unsere Gärten sind im Wandel – heisse Sommer, milde Winter, Starkregen und lange Trockenperioden: All das stellt Gärtnerinnen und Gärtner vor neue Herausforderungen. Es ist Zeit, den eigenen Garten klimafest zu machen!
Reto Knutti gilt als einer der weltweit führenden Klimaforscher. Als Professor für Klimaphysik an der ETH Zürich ist er einer der Hauptautoren des letzten grossen Berichts des UNO-Weltklimarats IPCC. Kürzlich sagte er in einem Interview, dass ohne sofortige Massnahmen mit einer weltweiten durchschnittlichen Temperaturerhöhung von fünf Grad – in der Schweiz vermutlich sogar mit sechs oder sieben Grad – gerechnet werden müsse. Der Klimawandel stellt uns alle vor neue Herausforderungen, die natürlich auch vor uns Gärtnerinnen und Gärtner keinen Halt machen. Beim Gärtnern gilt: «Die richtige Pflanze am richtigen Standort» und «Gärtnern im Kreislauf der Natur». Wer diesem Prinzip treu bleibt, sollte eigentlich auch in Zukunft weiterhin eine gute Ernte erzielen oder seine üppige Blütenpracht geniessen können. Allerdings werden wir ein paar Gartenfakten, die der Klimawandel mit sich bringt, berücksichtigen müssen. Dazu zählen längere Trockenperioden und Starkregenereignisse genauso wie eine längere Vegetationsperiode und mildere Winter.
Klimawandel und Klimaschutz
«Alle, die aktiv gärtnern, egal ob im eigenen Garten oder auf dem Balkon, sind Klimaschützerinnen, respektive Klimaschützer», ist Buchautorin Verena Schubert überzeugt. Bäume, Sträucher und Stauden verarbeiten Kohlendioxid (CO2) und produzieren Sauerstoff. Einerseits trägt jede Pflanze dazu bei, Kohlendioxid abzubauen. Und andererseits reduziert selbst angebautes Obst und Gemüse auch Transporte und damit den Kohlendioxid-Ausstoss. Klimaschutz und Freizeitspass im eigenen Garten gehen also – im wahrsten Sinne – eine fruchtbare Verbindung ein.
Klimafreundlich gärtnern
Der Weg zum klimafreundlichen Garten beginnt beim Boden, dessen Fruchtbarkeit vom Nährstoffkreislauf abhängt. So gibt eine Pflanze die Nährstoffe, die sie für ihr Wachstum dem Boden entzieht, wieder zurück, wenn sie abstirbt. Wer erntet, unterbricht diesen Kreislauf – mit der Ernte werden dem Boden Nährstoffe entzogen, die – als Dünger – wieder zugeführt werden müssen, wenn dauerhaft geerntet werden möchte. Doch welcher Dünger ist der richtige? «Chemisch-synthetische Dünger und Pestizide verursachen in der Produktion einen CO2-Ausstoss und können ausserdem zu Umweltgiften werden», sagt Verena Schubert. Sie setzt deshalb konsequent auf natürliche Dünger und Pflanzenstärkung: «Eine gute Versorgung verhilft Pflanzen wie Tieren und Menschen zu Robustheit und guten Abwehrkräften.» Vorbeugende Pflanzenstärkung mit Auszügen aus Ackerschachtelhalm und Jauchen aus Beinwell und Brennnesseln etwa sind der beste Pflanzenschutz! Sie erhöhen die Widerstandskraft von Obst-, Gemüse- und Zierpflanzen, vertreiben durch ihren Geruch Schädlinge und helfen, dass die Saat gut aufgeht. Einige wenige wie Rainfarn und Knoblauch können auch Pilzkrankheiten bekämpfen. Gemäss Verena Schubert sorgt eine regelmässige Anwendung für eine kräftige, robuste und vitale Flora, die Frost, Hitze und Trockenheit besser übersteht. Ausserdem bereichern diese Brühen das Bodenleben, das Nährstoffe für die Pflanzen verfügbar macht, und sie enthalten auch selbst Stickstoff, Phosphor, Kalium und Mineralstoffe. «Der beste und günstigste Dünger ist der eigene Kompost!», weiss die Fachfrau: «Sämtliche Gartenabfälle werden im Kompost wiederverwertet und zu wertvollem Humus umgesetzt.» Übrigens: Kompost ist der ideale Ersatz für Torf, der leider immer noch in grossen Mengen eingesetzt wird. Doch durch den Torfabbau in den Mooren, die grosse Mengen an Kohlendioxid speichern, wird nicht nur der seit Urzeiten gespeicherte Kohlenstoff in Form von CO2 wieder frei und beschleunigt dadurch den Klimawandel, sondern auch die dort heimischen Lebewesen verlieren ihren Lebensraum für immer. Kompost statt Torf, lautet deshalb die klimafreundliche Devise!
Vielfalt statt Monokultur
Viele unterschiedliche Pflanzenarten, bunt gemischt, sorgen dafür, dass der Boden nicht einseitig ausgelaugt wird und grundsätzlich weniger Nährstoffzufuhr benötigt. Bestimmte Pflanzen sind gute Nachbarn und können einander stärken und schützen. «Das spielt vor allem im Gemüsegarten eine Rolle», sagt Verena Schubert. «Zwiebeln und Lauch halten neben Karotten gepflanzt zum Beispiel die Karottenfliege fern. Bohnenkraut schützt vor Läusen, und Kapuzinerkresse wiederum zieht Kohlweissling-Raupen, Blattläuse und andere Schädlinge auf sich. Auch Kohlgewächse und Sellerie helfen einander auf diese Weise. Sellerierost und die Raupen des Kohlweisslings gehören dann der Vergangenheit an. Salat wiederum hält den Befall von Erdflöhen an Radieschen in Schach.
«Mit effektiven und einfachen Massnahmen können wir unsere grüne Oase fit machen und gleichzeitig das Klima positiv beeinflussen», ist Verena Schubert überzeugt. Probieren Sie es aus?!
Die Säulen im Klimaschutz-Garten – Tipps von Verena Schubert
• Wer im Sinne des Klimaschutzes gärtnert, tut dies mit der Natur und nicht gegen sie.
• Gärtnern Sie ohne Einsatz von Pestiziden, chemisch-synthetischem Dünger und ohne Torf.
• Setzen Sie auf vorbeugende Pflanzenstärkung, die richtige Pflanze am richtigen Standort, Pflanzenvielfalt und Kompostwirtschaft.
• Weniger ist mehr: Zulassen und Abwarten sind gärtnerische Tugenden, die einen Naturgarten erst ermöglichen.
Christina Bösiger - Bindestrich no. 77
Beispiel Schweiz: Netzwerk Pflanzengesundheit Schweiz
Am 18. Februar fand der Gründungsanlass des "Netzwerks Pflanzengesundheit Schweiz" statt; dies im Einklang mit den obwaltenden Umständen als Videokonferenz.
Schon im Rahmen der letztjährigen Zusammenarbeit zwischen Behörden und Verbänden beim «Internationalen Jahr der Pflanzengesundheit 2020» hatte sich abgezeichnet, dass die Arbeit weitergehen muss.
Erfreulicherweise sind auch beim «Netzwerk» alle bisherigen Hauptpartner des Eidgenössischen Pflanzenschutzdienstes mit dabei, natürlich auch der SFGV/ FSJF.
Weitere Institutionen und Verbände werden sicherlich bald hinzustossen. Eine besondere Rolle werden die kantonalen Experten aus dem Tessin spielen, denn dort ist weiterhin das Haupteinfallstor von Schädlingen.
Aufgrund der landesweiten Verteilung unserer Gartenareale, unserer Pflanzenvielfalt als auch der intensiven Flächenbewirtschaftung mit Obst, Beeren und Gemüse fällt uns eine besondere Unterstützungsverantwortung der Behörden und wissenschaftlichen Stellen bei der Identifizierung, Eindämmung und Bekämpfung von Schadorganismen zu.
Weitere Infos:
https://www.blw.admin.ch/blw/de/home/nachhaltige-produktion/Pflanzengesundheit/ihrbeitrag/netzwerk.html
Otmar Halfmann
Präsident des Schweizer Familiengärtnerverbandes
...wer ein Meister werden will! Deshalb: Niemand ist zu klein, ein Gartenfreund zu sein! Nehmen Sie Ihre Kinder und Enkel mit in den Garten und führen Sie sie ein in die Geheimnisse der Natur.
Text: Christina Bösiger (Gartenfreund 03/2020 Schweiz)
Genau 180 Jahre ist es jetzt her, seit 1840 der erste «Kindergarten» seine Pforten öffnete. Der Name war Programm, denn der Garten und die Natur schienen dem Kindergarten-Erfinder Friedrich Fröbel als das wichtigste Umfeld, um der Bedeutung der frühen Kindheit erzieherisch gerecht zu werden. So war er der Meinung, dass junge Menschen einen grossen Teil ihrer Freizeit in der Natur und im Garten verbringen sollten, um sich ideal zu entwickeln. Das gilt bis heute: Kinder sollen im Grünen spielen, statt auf Bildschirme zu schauen! Sie sollen sich bewegen, klettern und aktiv sein. Sie sollen die Natur entdecken, erforschen und natürlich auch Spass haben. Dafür eignet sich das Mitwirken im Garten perfekt – denn dabei lernen die Kleinen nicht nur Lebenskreisläufe kennen, sondern entdecken, wie und wo gesunde Nahrungsmittel wachsen. Durch das Hegen und Pflegen von Pflanzen lernen sie, Verantwortung zu übernehmen, Entscheidungen zu treffen und ökologische Zusammenhänge zu verstehen.
Eintauchen ins Reich der Sinne!
Buddeln, matschen, formen, riechen und schmecken – sinnliches Entdecken ist im Garten einfach. Denn während die Eltern den Boden umstechen, tasten die Sprösslinge mit den Füssen, was in ihm steckt. Sie rennen über frischgespriessten Rasen, hüpfen über harte Erdschollen und wühlen mit blossen Fingern in der Erde. Das tut gut! Nicht nur für die Entwicklung der Persönlichkeit, sondern auch weil sie dabei in Bewegung und an der frischen Luft sind. Geben Sie Ihren Kindern von Anfang an ein eigenes Beet oder eine Ecke mit grossen Töpfen, wo sie nach Herzenslust säen, pflanzen, schneiden und später auch naschen dürfen. Wie aufwendig das Vorbereiten des Bodens ist, hängt unter anderem davon ab, wo Sie das Kinderbeet anlegen. Wenn eine kleine Ecke im Gemüsegarten dafür frei bleibt, dann ist der Boden meist optimal vorbereitet. Soll das Beet jedoch dort angelegt werden, wo bisher Rasen wuchs, dann muss das Gras abgestochen und die Erde tiefgründig gelockert werden. Am einfachsten kaufen Sie gebrauchsfertige Gartenerde – selbstverständlich ohne Torf - im Fachhandel und schon kann gesät oder gepflanzt werden. Lassen Sie sich gemeinsam inspirieren und gehen Sie zusammen Samen, Blumenzwiebeln, -knollen oder Setzlinge einkaufen. Spezielle Saatbänder machen die Aussaat kinderleicht. Tipp: Fürs Pflanzen und Graben, das Jäten und Giessen wünschen sich die Kleinen natürlich Gartengeräte, die so aussehen wie die der Grossen. Dafür gibt es jede Menge originalgetreuer Mini-Spaten, Harken, kindgerechte Giesskannen und – ganz wichtig – kleine Gartenhandschuhe.
Süsse Düfte in Hülle und Fülle
Ein Gartenbeet, das so süss duftet wie eine Bonbontüte – da steckt jedes Kind seine Nase gerne rein. Dabei ist es kaum zu glauben, was die Natur für zuckerfreie Düfte zu bieten hat, mit denen ein betörendes Kinderbeet angelegt werden kann. Buchautorin Rosa Wolf hat in ihrem Werk «Kinder im Garten», mehr Garten leben», erschienen im BLV Buchverlag, einige davon beschrieben:
Zitronenmelisse (melissa officinalis)
Wer mit seinen Händen über die Blätter streift, atmet sofort den intensiven Zitronenduft ein. Die aus Südeuropa stammende Pflanze ist völlig anspruchslos und wird 80 cm hoch. Allerdings sollte man sie nach der Blüte sofort zurückschneiden, sonst erobert sie mit ihren Sämlingen den ganzen Garten. Gewusst? Melisse aufs Herz gelegt, soll bei Liebeskummer helfen.
Schokoladen-Kosmee (Cosmos atrosanuineus)
Aus den dunklen, burgunderroten Blüten strömt ein köstlicher Zartbitter-Duft. An einem sonnigen Platz blüht sie von Juni bis Ende Oktober. Sie wird 60 cm hoch. Man setzt ihre Knollen wie die der Dahlien jedes Jahr nach den Eisheiligen in Töpfe oder ins Beet und holt sie vor den Frösten im Herbst wieder
heraus, um sie frostfrei zu lagern.
Kaugummipflanze (Chrysanthemum balsamita)
Ihr Blatt riecht so frisch wie Original Wrighley’s Spearmint. An sonnigen Ecken wächst die 60 cm hohe, mehrjährige Pflanze problemlos, ab August öffnet sie kleine, gelbe Blüten. Getrocknet sind die Blätter gut duftende Lesezeichen. Bereits im Mittelalter schätzte man den frischen Duft für Gesangbücher. Sie
heisst deshalb auch Marienblatt.
Minzen (Mentha-Arten)
Je nach Sorte duften die Blätter nach Bananen oder Orangen, nach Kaugummi oder After-Eight-Schokolade.
Gummibärchenblume (Cephalophora aromatica)
Die kleine Sommerblume duftet in allen Teilen so süss wie Gummibärchen. Man sät sie im April aus. Sie wird 50 cm hoch. Indios färben damit Wolle gelb.