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Unsere Gartenareale müssen zu Kleinoden in der städtischen Begrünung werden

  • Schweiz
  • 30.11.2023

Otmar Halfmann, VP SFGV | FSJF

Nachfolgende Überlegungen für die Ausrichtung unserer Familiengartenbewegung basieren auf direkten Erfahrungen und Eindrücken im Schweizer Umfeld. Inwieweit diese auf andere Europäische Länder ganz oder teilweise übertragbar sind, muss dort bewertet werden.

Für die Mitglieder und Funktionäre unserer Schweizer Verbandslandschaft macht sich zudem schmerzhaft bemerkbar, dass es keine nationale Gesetzgebung gibt, auf die sich unsere Familiengärten abstützen können, sondern mit Ausnahme des Kantons Basel-Stadt, der eine verfassungsmässige Verankerung der Besitzstandfläche kennt, nur diverse behördliche Regelungen oder auch … wie im Fall des Areals, wo meine Frau und ich unsere Parzelle bewirtschaften … keine.
Dies erschwert zwangsläufig den Erfahrungsaustausch zwischen unseren Funktionären, weil man für die Behandlung eines Sachthemas auf nationaler Ebene stets die lokalen Besonderheiten kennen und im Auge behalten muss.
Allgemeingültige, konkrete Ziele zu entwickeln bzw. zu formulieren ist unter diesen Bedingungen ungleich schwieriger, als dort, wo die gesetzlichen Rahmenbedingungen national vorhanden sind.
Damit nicht genug: Auch kann der Umfang der behördlichen Intervention unterschiedlich ausfallen, beispielhaft hierfür werden in einem Kanton die Wartelisten für Parzellen durch die Stadtgärtnerei verwaltet und den Vereinen bei Pächterwechsel neue Mitglieder behördlich zugewiesen.

Erfreulich ist, dass das Interesse, eine Gartenparzelle zu besitzen, ungebrochen anhält. Nach einem Höhepunkt in 2021 [Corona …] beläuft sich in den Agglomerationen der Nachfrageüberhang weiterhin auf mehr als 20,0%.
Demgegenüber verlieren wir durch Bebauung oder Versiegelung für Infrastrukturvorhaben täglich mehr als 10,0 ha Freifläche, dies überwiegend in den jetzt schon dicht besiedelten nicht-alpinen Regionen.
Dazu nimmt die Wohnbevölkerung [heute fast 9,0 Millionen …] weiter rasant zu; ergänzt noch durch einen «Grenzgänger-Verkehr» von bald einer halben Million [bei gut 5,0 Millionen Beschäftigten entspricht das fast 10,0 % …] in Frankreich, Italien oder Deutschland lebender Menschen, die täglich zur Arbeit – zumeist mit dem PKW – in die Schweiz kommen.
Ferner beanspruchen die legitimen Renaturierungen von Gewässerverläufen bzw. -uferzonen und der besondere Schutz artenreicher Räume Fläche.
Und auch überbordende und mehrheitlich durchkommerzialisierte Freizeitbedürfnisse kommen nicht ohne Flächenverbrauch bzw. Bebauungen oder Versiegelungen aus.

Die Ausgangslage für die Findung einer mittelfristigen Ausrichtung unserer Familiengartenbewegung wird dazu noch durch – natürlich unstrittige, aber jeweils im kantonalen Einzelfall unterschiedliche – ökologische Vorgaben für die Parzellenbewirtschaftung erschwert. Vorgaben, die wiederum auch leider zu einer Zunahme der Konflikte in den Vereinen selbst führen.
Begleitet wird diese Konfliktzunahme und die zunehmenden fachlichen und administrativen Ansprüche an Vereinsvorstände durch einen ebenfalls wachsenden Mangel an Mitgliedern, die bereit sind, sich für eine ehrenamtliche Funktion zur Verfügung zu stellen.
Dieser Mangel wird in den kommenden Jahren noch gravierend zunehmen, denn mit dem demographischen Wandel gehen uns täglich langjährig amtierende Funktionäre verloren.

Nach diesen Stichworten zur Auslegeordnung» nun zur Zukunftsgestaltung:

Vereinsbeiträge anheben
Um überhaupt an all den unterschiedlichen «Frontabschnitten» wirken zu können, brauchen die Vereine Ressourcen. Stehen diese im Verein, aus Mangel an Geeigneten oder auch fachlich hierfür Qualifizierten nicht zur Verfügung, so müssen Dienstleister oder Handwerker beauftragt werden.
Fehlen dem Verein hierfür die Mittel, so befindet man sich in einer Spirale Richtung  Implosion, die sich fallweise über einen Zeitraum des Siechtums hinstreckt.
Über ausreichende regelmässige Einnahmen zu verfügen, ist die conditio sine qua non für die Bewältigung diverser – existenzieller –  Anforderungen.

Ehrenamtliche entlasten und Stärkung der Selbstverwaltung des Vereins
Gerade für grosse Vereine mit hunderten von Pächtern, verteilt über mehrere Areale kann die Übernahme einer Vorstandsfunktion häufig ein volles Arbeitspensum beanspruchen, dies umso mehr, wie Regelverstösse, Schlichtungen zwischen Pächtern, Durchsetzung behördlicher oder reglementarischer Vorgaben und Rechtsstreitigkeiten zunehmen.
Damit nicht zunehmend Engagierte nach kurzer Vorstandszugehörigkeit enttäuscht aufgeben, müssen entweder diese Aufgaben entsprechend entschädigt werden [sofern hierfür Mitglieder über den benötigten zeitlichen Spielraum verfügen als auch die fachliche Qualifikation mitbringen …], oder besser noch, ganz aus dem Verein an Dritte ausgelagert werden. Damit externalisiert man «Minenfelder» für Konflikte und schützt so den Zusammenhalt.
Gleichzeitig steht damit dem Vorstand auch mehr Zeit für gärtnerische oder bauliche Themen zur Verfügung.

Raumplanerische Mitwirkung
Sofern die Pachtverhältnisse zwischen Verein und Landeigentümer nicht langfristig gesichert sind oder aber absehbare Bebauungen anstehen, ist eine proaktive Gremienarbeit auf Gemeindeebene unabdingbar.
Nur so schützt man den Verein vor Überraschungen, die Mitglieder vor Enttäuschungen und vermeidet Fehlinvestitionen auf kollektiver als auch individueller Ebene.
Bei frühzeitiger Erkennung anstehender Arealvernichtungen ist die Aufnahme von Verhandlungen über Ersatzflächen auch deutlich einfacher, als wenn keine zeitlichen Spielräume mehr zur Verfügung stehen.
Wenn in einer Gemeinde* schon mehrfach eine Bebauung, die das Gartenareal ausradiert, durch den Stimmbürger bejaht wurde, dann ist es für einen medialen Protest schon Jahre zu spät und allfälliges Mitleid mit den Betroffenen hilft zu diesem Zeitpunkt nicht mehr.
In einer Schweizer Agglomeration schätzt beispielhaft unser dort zuständiges Vorstandsmitglied, dass ca. 1/3 der heutigen Areale bedroht sind. In einer solchen Situation müssen sich die Vorstände prioritär und mit aller verfügbarer Kapazität auf Lösungen konzentrieren können.
*Mit der «direkten Demokratie» liegt die Entscheidungsgewalt für Änderungen kommunaler Zonenpläne beim Stimmbürger.

Bündnispartnerschaften pflegen
Eine letztjährige, bedeutsame Abstimmung in vier Gemeinden der Agglomeration Zürich über die Zonenplanänderung für ein Naherholungsgebiet, von der auch ein dortiges Gartenareal betroffen war, zeigt, wie sehr wir auf Bündnisse angewiesen sind.
Nachdem dort ein Referendum zu Stande kam, welches von namhaften Naturschutzorganisationen und lokal geachteten Personen initiiert wurde, dies vorrangig aufgrund der Artenvielfalt in der betroffenen Zone, stimmte trotzdem nur eine hauchdünne Mehrheit für den Erhalt dieser «grünen Lunge».
Hätte es diese Partnerschaft nicht gegeben, so wäre der Verein aussichtlos überfordert gewesen. Allein für den Erhalt der Gartenparzellen wäre es niemals auch nur zu einem Referendum gekommen.
Auch wenn dies unangenehm tönende Feststellungen sind, sie entsprechen der Realität … leider.
Gerade entschied sich in einer anderen Grossstadt der Stimmbürger für zwei Überbauungen zu Lasten von zwei Gartenarealen. Dort wo Wohnraum knapp und teuer ist, wird jedes Projekt, das dies abmildern könnte, angenommen.
Da wo es aussichtsreich ist, rechtliche Schritte gegen Projekte auf den Weg zu bringen, wird dies nur mit Hilfe von Partnern aus dem Kreis der zahlreichen Naturschutzorganisationen möglich sein.

Naturschutzprojekte und soziale Initiativen absorbieren
Wir tun schon heute beim Artenschutz viel, aber viel ist nicht genug: Die Anstrengungen ökologische Nischen in den Arealen herzustellen und zu pflegen, müssen vervielfacht werden.
Auch die medial-kommunikative Orientierung hierüber ist von wachsender Bedeutung; nicht nur die Information an und für sich, sondern auch deren laufende Aktualisierung
An welchem Areal befindet sich heute schon ein Plakat, wie beispielhaft: «Bei unserer letzten Igelzählung im Mai wurden 34 Exemplare gesichtet, da wir – was den tatsächlichen Besatz angeht –  von einem Faktor «5» ausgehen dürfen, befinden sich auf diesem Areal 180 Igel, das bedeutet 2 Igel pro Parzelle und Pächter»?
Wo immer im Quartier oder Gemeindeumfeld – auch in Schulen – die Artenvielfalt [… auch bei Pflanzen] bzw. deren Erhalt thematisiert wird, müssen wir im Bewusstsein der Bevölkerung spontan als möglicher Ansprechpartner und eventueller Partner präsent sein.
Diese Offenheit ist auch gegenüber sozialen Initiativen wichtig. Hierbei stehen augenblicklich die Integrationsbemühungen von Flüchtlingen im Vordergrund, aber das Spektrum ist sehr breit angelegt und auch abhängig von lokalen Gegebenheiten [ist ein z. B. Kindergarten um die Ecke, der gerade eine Fläche für «Gartenkinder» sucht?].

Öffnung und Durchwegung, … da wo geboten
Das Areal, wo ich gärtnere, besteht aus zwei Zonen, dazwischen verläuft eine Strasse. Diese Strasse ist auch der Verbindungsweg in den örtlichen Wald und Naherholungsraum für unzählige Spaziergänger.
Würde es diese Strasse nicht geben, so wäre eine Durchwegung unseres Areals unabdingbar: die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten ist und bleibt eine Linie. Wir erzeugen keine öffentliche Sympathie, wenn Mitbürger z. B. 800 m um eine Gartenanlage herumlaufen müssen, bis sie den Sportplatz, den Friedhof oder die Mehrzweckhalle erreicht haben.
Natürlich haben Durchwegungen, besonders wenn sie schon jahrzehntelang bestehende Areale betreffen, Konsequenzen: Zäune, Abfall, Vandalismus und Sicherheit gehen als Herausforderungen damit einher. Hierfür mit den Behörden eine Lösung zu finden, ist der konstruktive Weg, es kategorisch abzulehnen, kontraproduktiv. Für den Erhalt oder eventuellen Ausbau unserer Areale ist die passive oder besser noch aktive Unterstützung der Bevölkerung und unserer direkten Nachbarn unabdinglich.
Gleiches gilt für Öffnungen. Im Zusammenhang mit einem neuen Bebauungsprojekt wird die planerisch involvierte Stadtgärtnerei eine offene «Gartenlandschaft» umsetzen. In dieser Zone wird es Garteninseln geben. So entsteht eine offene, grüne Zone, die den Naherholungsbedürfnissen der Anwohner entgegenkommt. Analog der Durchwegung ergeben sich aus solchen Öffnungen nicht nur für die Vereine, sondern auch die Kommune bisher unbekannte Probleme, denen man mit neuen Lösungen entsprechen muss, weil nicht immer alles neue sofort und von selbst funktionieren kann oder muss. Anpassungen an neue Notwendigkeiten sind zwangsläufig die Folge.
Ein Beharren auf der Tradition von «gated communities» als Gewohnheitsrecht ist aussichtslos und erzeugt nur Widerstand des Gemeinwesens.

Konsequenter Rückbau bei Parzellenaufgabe
Wenn wir glaubhaft gegen Bebauungen antreten wollen, dann müssen wir zuerst selbst zeigen, dass wir in unseren Arealen die Bebauung und Versiegelung auf das Minimum beschränken, d. h. oftmals zurückfahren.
Aktuell verwandeln sich in der öffentlichen und auch medialen Wahrnehmung – und nur die allein ist entscheidend – und dies weiter anhaltend, mehr und mehr Gartenhäuser zu Feriendomizilen.
Es ist entmutigend, dass grosse Stadtgärtnereien bei Pächterwechsel nun Vorgaben für den Rückbau machen: hier haben die Vereine wohl schon vor Jahrzehnten die Initiative verloren; diese müssen wir zwingend zurückgewinnen.
Vor allen Dingen ist diese Rückbesinnung auf bauliche Mässigung mit Blick auf die Konfliktvermeidung zwischen Verein und baulich überengagierten Mitgliedern notwendig: Konflikte enden nicht wegen einer verspätet entfernten «Distel» vor den Schranken eines Gerichts, sondern fast ausschliesslich in Folge von Verstössen gegen bauliche Vorgaben u. ä..

Grossparzellenaufteilung vor Neuvergabe
Bei dem anhaltenden Nachfrageüberhang und der jüngeren, nachfolgenden Generation, die immer stärker beruflich gefordert wird, sollten – sofern hierfür die Ausgangsbedingungen vorhanden sind – alte Gartenhäuser abgerissen und grosse Parzellen aufgeteilt werden.
Die so verkleinerten Neuparzellen sind vorzugsweise nur mit vereinseigenen oder exakt vorgegeben Gerätehütten zu verpachten.

Gestaltungs- und Unterhaltskonzepte entwickeln und umsetzen
Leider kenne ich keinen Verein, der ein langfristiges Gestaltungskonzept hat. Dieses Erfordernis rückt immer mehr in den Vordergrund, je mehr u. a. einheimische Gehölze und «Ökonischen» an Bedeutung für den Artenschutz gewinnen.
Ein solches Konzept muss auch den zunehmenden Pächterwechseln gerecht werden. Mit dem Wegbrechen der «Babyboomer» Generation verschwinden [leider …] jahrzehntelang anhaltende Pachtverhältnisse der Vergangenheit.

Ebenso ist vielerorten der Unterhalt von Gemeinschaftseinrichtungen und -bauten reaktiv. Proaktive Instandhaltungskonzepte sind mir nicht bekannt. Je länger unsere Areale bestehen, umso mehr «zehrt der Zahn der Zeit» an Gebäuden, Zäunen, Wegen oder auch Hecken.
All diese Objekte und ihr Zustand entfalten ihre Wirkung im Erscheinungsbild.

Priorisierung der Gemeinschaftsflächen sicherstellen
Aufgrund eigener Erfahrung kann ich feststellen, dass die Arbeitszeit pro Quadratmeter Gartenfläche ungefähr gleich dem Aufwand ist, den ich für eine sorgfältige Ausführung von «Fronarbeiten» ausserhalb bzw. angrenzend an unsere Parzelle [wiederum pro Quadratmeter …] aufbringen muss.
Dies wird mehrheitlich bei den zeitlichen Vorgaben für Gemeinschaftsaufgaben unterschätzt. Auch hier gilt, nicht die einzelne gepflegte Parzelle ist repräsentativ für das Gartenareal und das Wohlwollen Dritter, sondern das Gesamtbild.
In erster Instanz sind wir alle nicht Pächter einer Parzelle, sondern Vereinsmitglied. Nur der Existenz des Vereins und der durch diesen gepachteten Fläche ist zu verdanken, dass überhaupt für den Einzelnen eine individuelle Parzelle als Rückzugsort im Grünen zur Verfügung stehen kann.

Parzellenvergabekriterien durchsetzen
Parzellen sind nur dann und an den zu vergeben, der sich als Bewerber für eine Vereinsmitgliedschaft qualifiziert.
Ohne Probezeit wird dies zu keinem objektiven Ergebnis führen können. Erst nach einem Jahr «Kandidatur» sollte ein unbefristeter Pachtvertrag angeboten werden.
Unzählige Enttäuschungen könnten so vermieden werden.
Leider hat sich aufgrund der hohen Nachfrage und der Attraktivität überdimensionierter Gartenhäuser die Gewohnheit – trotz zahlreicher sinnvoller Barrieren, die kluge Vereinsvorstände entwickelten – breitgemacht, dass der Vorpächter in Abhängigkeit von der Höhe der Abschlagszahlung massgeblich mitentscheidet, wer seine Parzelle [und das Gartenhaus …] übernehmen soll.
Dieser Praxis muss Einhalt geboten werden.
Anm.: Dies umzusetzen, ist für eine externe Immobilienverwaltung deutlich einfacher, als für einen Präsidenten, der einem jahrzehntelangen Parzellennachbarn gegenübersteht, was wiederum unterstreicht, wie sinnvoll es sein kann, sich für eine Auslagerung von Verwaltungsaufgaben zu entscheiden.

Nutzungsrechtliche Anpassungen für die Parzellen
Da wo neue Areale entstehen, vornehmlich als Ersatz für bisherige Flächen, bietet sich für von der Grössenordnung her überschaubare Vereine die Möglichkeit an, auf unterpachtrechtliche Verträge für Parzellen zu verzichten und mit der Vereinsmitgliedschaft einen Anspruch auf die gärtnerische Nutzung einer zu bestimmenden Fläche zu verknüpfen. So vermeidet man die unglückliche Verknüpfung von Pacht- und Vereinsrecht und vereinfacht damit die Trennung von «Pächtern», in diesem Fall nur Mitgliedern, die sich in den Verein nicht einbinden lassen.
Gewiss ist die Ausschöpfung einer solchen Option nur sehr langsam möglich und setzt besondere Bedingungen voraus, dies auch mit Blick auf die zuständige Stadtgärtnerei, die ja zumeist den Landeigentümer vertritt.

Betreuung von neuen Mitgliedern
Neue Mitglieder werden zumeist mit einem Haufen Dokumente und dem Hinweis, bitte zu fragen, wenn man etwas nicht versteht oder verändern möchte, allein gelassen.
Dies reicht offensichtlich nicht aus: Gerade neue Mitglieder mit beschränkten Kenntnissen der Landessprache werden so überfordert. Verständlich, dass sie beim Gärtnern zuerst auf die Prägungen, die sie in ihrem Kulturraum, erfahren haben, zurückgreifen.
Auch wenn sprachliche Einschränkungen entfallen, müssen wir uns vertieft mit der Einführung von «Neuen» befassen und wo immer hierfür erfahrene Mitglieder zur Verfügung stehen, diesen solche Betreuungsaufgaben übertragen.
Hat man als Neuling die «Thuja-Smaragd» in der nächsten Gärtnerei gekauft und erfährt erst nach Wochen bei einer Gartenbegehung, dass deren Anpflanzung in Zürich verboten ist, so ist der Streit schon vorprogrammiert.

Abgrenzungskriterien
In der Schweiz haben wir tausende «wilder» Gartenanlagen, allein in unserer Kleinstadt gibt es ein großes und mindestens drei kleinere Areale.
Auf beiden Seiten der Autobahn, die unseren Ort passiert, befindet ebenfalls eine sogenannte Gartenanlage. Das Bild, dass diese «Gärten» vermitteln, ist bemitleidenswert. Solche Areale, an denen täglich tausende von Menschen vorbeifahren bestimmen die Meinungsbildung mit, ob wir dies wollen oder nicht.
Das diese «Vereine» nicht unserem Verband angehören, ist nicht vermittelbar, wie auch?
Insoweit müssen wir Abgrenzungskriterien entwickeln. Hierfür sind Standards zu definieren und schrittweise umsetzen.
Parallel zur Umsetzung muss diese durch entsprechende Kommunikationsinhalte begleitet werden.
Ebenso müssen die Areale selbst an ihren Schnittstellen zur Öffentlichkeit auf diese Standards hinweisen.
Nur so schaffen wir Erkennungsmerkmale und ermöglichen eine Differenzierung bei unseren Mitbürgern.

Die Familiengartenbewegung und zahlreiche Vereine sind seit mehr als hundert Jahren aktiv, unser Verband feiert 2025 sein hundertjähriges Bestehen.
Mit hundert Jahren Erfahrung sollte es uns möglich sein, sich erfolgsorientiert auf veränderte Rahmenbedingungen und eine sich deutlich verschärfende Flächennutzungskonkurrenz einzustellen.

Otmar Halfmann, VP SFGV | FSJF - Bindestrich no. 79

 

Anm. 1: Der Autor fühlt sich sprachlich dem generischen Maskulinum verpflichtet und bittet um Verständnis, dass er aus Altersgründen auf Gendersternchen verzichten möchte.

Anm.2: Dieser Beitrag ist kein Positionspapier des SFGV | FSJF, er spiegelt ausschliesslich die pers. Auffassungen des Autors wider.

Klimaschutz beginnt im Garten

  • Schweiz
  • 20.1.2023

Unsere Gärten sind im Wandel – heisse Sommer, milde Winter, Starkregen und lange Trockenperioden: All das stellt Gärtnerinnen und Gärtner vor neue Herausforderungen. Es ist Zeit, den eigenen Garten klimafest zu machen!

Reto Knutti gilt als einer der weltweit führenden Klimaforscher. Als Professor für Klimaphysik an der ETH Zürich ist er einer der Hauptautoren des letzten grossen Berichts des UNO-Weltklimarats IPCC. Kürzlich sagte er in einem Interview, dass ohne sofortige Massnahmen mit einer weltweiten durchschnittlichen Temperaturerhöhung von fünf Grad – in der Schweiz vermutlich sogar mit sechs oder sieben Grad – gerechnet werden müsse. Der Klimawandel stellt uns alle vor neue Herausforderungen, die natürlich auch vor uns Gärtnerinnen und Gärtner keinen Halt machen. Beim Gärtnern gilt: «Die richtige Pflanze am richtigen Standort» und «Gärtnern im Kreislauf der Natur». Wer diesem Prinzip treu bleibt, sollte eigentlich auch in Zukunft weiterhin eine gute Ernte erzielen oder seine üppige Blütenpracht geniessen können. Allerdings werden wir ein paar Gartenfakten, die der Klimawandel mit sich bringt, berücksichtigen müssen. Dazu zählen längere Trockenperioden und Starkregenereignisse genauso wie eine längere Vegetationsperiode und mildere Winter.

Klimawandel und Klimaschutz
«Alle, die aktiv gärtnern, egal ob im eigenen Garten oder auf dem Balkon, sind Klimaschützerinnen, respektive Klimaschützer», ist Buchautorin Verena Schubert überzeugt. Bäume, Sträucher und Stauden verarbeiten Kohlendioxid (CO2) und produzieren Sauerstoff. Einerseits trägt jede Pflanze dazu bei, Kohlendioxid abzubauen. Und andererseits reduziert selbst angebautes Obst und Gemüse auch Transporte und damit den Kohlendioxid-Ausstoss. Klimaschutz und Freizeitspass im eigenen Garten gehen also – im wahrsten Sinne – eine fruchtbare Verbindung ein.

Klimafreundlich gärtnern
Der Weg zum klimafreundlichen Garten beginnt beim Boden, dessen Fruchtbarkeit vom Nährstoffkreislauf abhängt. So gibt eine Pflanze die Nährstoffe, die sie für ihr Wachstum dem Boden entzieht, wieder zurück, wenn sie abstirbt. Wer erntet, unterbricht diesen Kreislauf – mit der Ernte werden dem Boden Nährstoffe entzogen, die – als Dünger – wieder zugeführt werden müssen, wenn dauerhaft geerntet werden möchte. Doch welcher Dünger ist der richtige? «Chemisch-synthetische Dünger und Pestizide verursachen in der Produktion einen CO2-Ausstoss und können ausserdem zu Umweltgiften werden», sagt Verena Schubert. Sie setzt deshalb konsequent auf natürliche Dünger und Pflanzenstärkung: «Eine gute Versorgung verhilft Pflanzen wie Tieren und Menschen zu Robustheit und guten Abwehrkräften.» Vorbeugende Pflanzenstärkung mit Auszügen aus Ackerschachtelhalm und Jauchen aus Beinwell und Brennnesseln etwa sind der beste Pflanzenschutz! Sie erhöhen die Widerstandskraft von Obst-, Gemüse- und Zierpflanzen, vertreiben durch ihren Geruch Schädlinge und helfen, dass die Saat gut aufgeht. Einige wenige wie Rainfarn und Knoblauch können auch Pilzkrankheiten bekämpfen. Gemäss Verena Schubert sorgt eine regelmässige Anwendung für eine kräftige, robuste und vitale Flora, die Frost, Hitze und Trockenheit besser übersteht. Ausserdem bereichern diese Brühen das Bodenleben, das Nährstoffe für die Pflanzen verfügbar macht, und sie enthalten auch selbst Stickstoff, Phosphor, Kalium und Mineralstoffe. «Der beste und günstigste Dünger ist der eigene Kompost!», weiss die Fachfrau: «Sämtliche Gartenabfälle werden im Kompost wiederverwertet und zu wertvollem Humus umgesetzt.» Übrigens: Kompost ist der ideale Ersatz für Torf, der leider immer noch in grossen Mengen eingesetzt wird. Doch durch den Torfabbau in den Mooren, die grosse Mengen an Kohlendioxid speichern, wird nicht nur der seit Urzeiten gespeicherte Kohlenstoff in Form von CO2 wieder frei und beschleunigt dadurch den Klimawandel, sondern auch die dort heimischen Lebewesen verlieren ihren Lebensraum für immer. Kompost statt Torf, lautet deshalb die klimafreundliche Devise!

Vielfalt statt Monokultur
Viele unterschiedliche Pflanzenarten, bunt gemischt, sorgen dafür, dass der Boden nicht einseitig ausgelaugt wird und grundsätzlich weniger Nährstoffzufuhr benötigt. Bestimmte Pflanzen sind gute Nachbarn und können einander stärken und schützen. «Das spielt vor allem im Gemüsegarten eine Rolle», sagt Verena Schubert. «Zwiebeln und Lauch halten neben Karotten gepflanzt zum Beispiel die Karottenfliege fern. Bohnenkraut schützt vor Läusen, und Kapuzinerkresse wiederum zieht Kohlweissling-Raupen, Blattläuse und andere Schädlinge auf sich. Auch Kohlgewächse und Sellerie helfen einander auf diese Weise. Sellerierost und die Raupen des Kohlweisslings gehören dann der Vergangenheit an. Salat wiederum hält den Befall von Erdflöhen an Radieschen in Schach.
«Mit effektiven und einfachen Massnahmen können wir unsere grüne Oase fit machen und gleichzeitig das Klima positiv beeinflussen», ist Verena Schubert überzeugt. Probieren Sie es aus?!

Die Säulen im Klimaschutz-Garten – Tipps von Verena Schubert

• Wer im Sinne des Klimaschutzes gärtnert, tut dies mit der Natur und nicht gegen sie.
• Gärtnern Sie ohne Einsatz von Pestiziden, chemisch-synthetischem Dünger und ohne Torf.
• Setzen Sie auf vorbeugende Pflanzenstärkung, die richtige Pflanze am richtigen Standort, Pflanzenvielfalt und Kompostwirtschaft.
• Weniger ist mehr: Zulassen und Abwarten sind gärtnerische Tugenden, die einen Naturgarten erst ermöglichen.

Christina Bösiger - Bindestrich no. 77

Unterstützungsverantwortung der Behörden und wissenschaftlichen Stellen durch die Kleingärtner

  • Schweiz
  • 18.6.2021

Beispiel Schweiz: Netzwerk Pflanzengesundheit Schweiz

Am 18. Februar fand der Gründungsanlass des "Netzwerks Pflanzengesundheit Schweiz" statt; dies im Einklang mit den obwaltenden Umständen als Videokonferenz.

Schon im Rahmen der letztjährigen Zusammenarbeit zwischen Behörden und Verbänden beim «Internationalen Jahr der Pflanzengesundheit 2020» hatte sich abgezeichnet, dass die Arbeit weitergehen muss.

Erfreulicherweise sind auch beim «Netzwerk» alle bisherigen Hauptpartner des Eidgenössischen Pflanzenschutzdienstes mit dabei, natürlich auch der SFGV/ FSJF.

Weitere Institutionen und Verbände werden sicherlich bald hinzustossen. Eine besondere Rolle werden die kantonalen Experten aus dem Tessin spielen, denn dort ist weiterhin das Haupteinfallstor von Schädlingen.

Aufgrund der landesweiten Verteilung unserer Gartenareale, unserer Pflanzenvielfalt als auch der intensiven Flächenbewirtschaftung mit Obst, Beeren und Gemüse fällt uns eine besondere Unterstützungsverantwortung der Behörden und wissenschaftlichen Stellen bei der Identifizierung, Eindämmung und Bekämpfung von Schadorganismen zu.

Weitere Infos:
https://www.blw.admin.ch/blw/de/home/nachhaltige-produktion/Pflanzengesundheit/ihrbeitrag/netzwerk.html

Otmar Halfmann
Präsident des Schweizer Familiengärtnerverbandes

 

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